Von der Kunst Milch in den Kaffee zu kippen
Farnblätter, Herzen, Tulpen, Schwäne, Rosettas – schnell wie langsam, Slow Pour und Co faszinieren die Kaffeegenießer dieser Welt. Mit viel Übung und Geschick schubsen meine Barista Kollegen sorgfältig geschäumten Micro Foam in die Tassen und lassen die Augen ihrer Gäste strahlen.
Aber nicht nur im echten Leben ist Latte Art ein Ding, auch die sozialen Medien explodieren seit Jahren unter dem #latteart. Es gibt Weltmeisterschaften, bei denen die besten Schaumschläger des Planeten inzwischen unvorstellbares vollbringen.
Aber:
Braucht man den Kram wirklich?
Wie kann man Latte Art lernen?
Wie funktioniert Latte Art überhaupt?
Wie hat sich Latte Art entwickelt?
Genau darum soll es heute gehen. Selbstredent ohne jeden Anspruch darauf allumfassend zu sein, dafür ist es ein zu großes Thema. Wenn du gern eine spezifische Frage zum Thema beantwortet haben möchtest, schreib mir gern in die Kommentarfunktion im Blog zur heutigen Folge oder auf Instagram.
Viel Spaß beim Hören und Lesen!
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Wie hat sich Latte Art entwickelt?
Das hängt auch davon ab, wo genau man den Anfang definiert. Maschinen, mit welchen man Milch schäumen kann, während man Espresso bezieht, gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Dazu findest du mehr in den Folgen zur Kaffeegeschichte, z.B. Folge 14 „Die Entstehung der Kaffeehaus Kultur, oder auch in der Folge zum Kaffeepreis in Italien Folge 45 .
Bis es erste nachvollziehbare Muster auf den Getränken gab, gingen dann aber viele Jahrzehnte ins Land. Die Ursprünge von Latte Art, in der Form wie wir sie heute kennen, lassen sich nach Norditalien zurückverfolgen. Dort wurde die Milch in einer Art eingeschenkt, welche ein Muster ergab, dass man als Frühform der Rosetta bezeichnen kann. Über die genauen Hintergründe und Jahreszahlen aus dieser Epoche habe ich leider nicht allzu viel gefunden. Wenn du hier gute Quellen und Tipps hast, schreib es mir gern in die Kommentarfunktion!
Die Evolution der Milchschaumkunst hat dann in den 1980er Jahren in Seattle richtig an Fahrt aufgenommen. Der Erzählung nach, hat ein leidenschaftlicher Barista aus besagtem Norditalien, das Rosetta Motiv mitgebracht und an seinem Kaffee Stand in Seattle verfeinert. Daraus entstand eine kleine Szene an begabten und enthusiastische Baristi, welche viel probiert, experimentiert und herumgespielt haben. Bis 1990 entstanden z.b. die Grundtechniken für das Herz und eine Bienenform.
Als dann um die 2000er Jahre auch Szenen in Asien, Australien und Neuseeland stetig wuchsen, begann ein neues Zeitalter. Besonders auf den Nationalen- und Weltmeisterschaften in Latte Art übertreffen sich die Baristi mit immer neuen, immer komplexeren und immer detailgetreuen Mustern und Techniken.
Es ist absolut faszinierend auf welchem Level manche Baristi Latte Art gießen können und was man heute dazu alles weiß und lernen kann. Inzwischen hat sich hierzu eine ganze Industrie entwickelt. Dazu findest du mehr in Folge 94 „Die richtige Milchkanne für Latte Art“. Einen absoluten Schub hat die weltweite Szene dann noch mal 2015 bekommen, als der Hashtag #latteart auf Instagram durch die Decke ging. Der Hype ist seither ungebrochen.
Wie funktioniert Latte Art überhaupt?
Simpel ausgedrückt geht es um den richtigen Schwung und Winkel.
Man gießt die Milch zunächst unter die Crema des Espresso, um diese anzuheben und die Tasse zu füllen. Man stoppt diesen Vorgang bei einem Füllstand mit genug restlichem Platz zum Zeichnen. Anschließend lässt man den Schaum auf die angehobene Crema rutschen. Je nach Winkel, Ort in der Tasse und Schwung entsteht so ein braun-weißes Muster.
Wie kann man Latte Art lernen?
Mit VIEL Geduld, Übung, Kaffee und Milch, sowie ein paar guten Tipps. Fakt ist aber, Latte Art lernen kann jeder – so er oder sie es denn wirklich will und genügend der eben genannten Dinge hat. Manche haben es freilich leichter als andere und manche werden etwas feiner Zeichnen können als andere. Aber die Grundtechnik und einfache Muster, sind erlernbar.
Dinge, die dabei helfen sind in aller erster Linie Latte Art Kurse und eine halbwegs passende Ausrüstung, beispielsweise haben manche Haushaltsmaschinen zu wenig Druck, um guten Schaum zu produzieren.
Das Wichtigste ist der Schaum
Auch wenn alle Welt in Barista Kursen immer als erstes ein Herz lernen will, gibt es viele wichtige Schritte davor. Für deine Milchschaum Kunst ist einer der Entscheidendsten, ein solider Milchschaum und das konstant. Das hilft nicht nur dem Geschmack, sondern auch den Zeichenkünsten – ganz besonders am Anfang.
Pro und Contra Latte Art
Contra
Bei Einigen verrutscht leider nur allzu schnell die richtige Priorisierung. Denn wir gucken einen Kaffee nicht nur an, sondern machen ihn in aller erster Linie damit er schmeckt. Klar trinken alle Sinne mit, besonders im täglichen Geschäft sollte das Hauptaugenmerk aber darauf liegen ein Gaumenfeuerwerk auszulösen. Schafft man es on Top noch ein hübsches Bild zu zeichnen gut, aber oft tut es auch ein Herz oder eine Tulpe. Eine Produktionszeit von mehr als 4 Minuten nur für ein tolles Bild, finde ich kritisch. Auch die Milchkonsistenz und Temperatur sollten im Gastbetrieb vor allem dem Geschmack dienen.
Genau hier kommen aber immer mehr krude Anfragen, sowohl von Privatleuten, aber eben auch von Gastronomen. Menschen, die überhaupt kein Interesse am Produkt haben und ihre Mitarbeiter eigentlich nicht schulen wollen, sondern einfach nur hübsche Muster in den Kaffee mahlen (verkauft sich besser). So nach dem Motto: „…komm für eine Stunde und zeig 20 Leuten wie das mit dem Herz geht….ach und können wir da preislich noch was machen?“ NEIN!
Aufgrund dessen pflegen vieler meiner Kollegen die Praxis, einen Latte Art Kurs nur als Aufbaumodul zum Barista Einsteigerkurs anzubieten. Sprich nur wenn du weißt, wie du guten Kaffee produzierst und deine Maschine pflegst (!), zeige ich dir Latte Art. Das finde ich nachvollziehbar.
Pro
Hübsche Muster sind einfach ein Blickfang. Sie und waren für viele Menschen der Einstieg in die faszinierende Welt des Kaffees, so auch für mich.
Außerdem ist gelungene Latte Art Wertschätzung für den Gast und alle die in seiner Wertschöpfungskette mitgearbeitet haben. Das Erlebnis des Gastes, um das es nun mal in der Gastronomie geht, wird aufgewertet durch schöne Muster im Kaffee. Genauso veredelt der Barista aber auch all die harte Arbeit der vielen Menschen, die daran mitgewirkt haben dieses Produkt in die Tasse zu bringen. Dazu habe ich auch in der Folge 10 „Helden hinter der Bar“ und Folge 51 Einiges erzählt.
Fazit
Ich mag die schönen Muster im Kaffee. Latte Art ist ein toller und wichtiger Baustein im Kaffeeerlebnis für Gäste, eine Möglichkeit das Produkt zu veredeln, ein Lächeln zu schenken und Menschen für die Welt des Kaffees zu begeistern. Man sollte dabei aber immer die Prioritäten im Auge behalten und wie bei einem guten Kaffee für Ausgewogenheit sorgen.
Danke fürs Lesen!
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