Die Röstgrade
Klingt schon fast ideologisch, wie über unterschiedliche Röstgrade gesprochen wird – ist es in manchen Köpfen auch. Wie in so ziemlich allen Fällen hat die so entstehende Diskussion auch herzlich wenig mit der Realität zu tun. Jeder Kaffee ist unterschiedlich und das ist gut so.
Viel wichtiger als die Farbe ist doch Art und Charakter. Das wird aber durch sehr viel mehr beeinflusst als durch den Farbton. Helle Kaffeebohnen können gut sein, wenn sie entwickelt genug sind, dunkle Kaffeebohnen können gut sein, wenn sie vorsichtig ans Ziel gebracht wurden.
Viele Wege führen nach Rom manche eignen sich besser, andere schlechter, aber alle haben Einfluss auf deinen Kaffeegenuss. Damit du eine informierte Entscheidung treffen kannst und ein bisschen mehr Orientierung beim Kaffeekauf bekommst, unterhalten wir uns heute über Röstgrade im Kaffee und ihre Bedeutung.
Hier im Blogartikel findest du noch ein paar spannende Zusatzinformationen zu der Podcastfolge. Also viel Spaß beim Lesen und Hören.
Die Folge: „Habe ich gute Kaffeebohnen?“ könnte dich auch interessieren.
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Warum gibt es überhaupt Röstgrade?
Kaffee kommt in grüner und eher ungenießbarer Form beim Röster an. Der Röstprozess entwickelt die Bohne erst zu dem, wie wir sie kennen. Einen genaueren Einblick was da passiert habe ich in der Folge „Kaffee Rösten! – Was passiert da eigentlich?“ aufgegriffen. Schalte da gern gleich mal rein, das hilft beim Verständnis hier.
Wichtig mitzunehmen ist, dass man nichts, außer Röstaromen, zum Kaffee hinzufügen kann. Beim Rösten werden nur die Verbindungen entwickelt, die schon angelegt sind in der Bohne.
Während dieses Erhitzungsprozesses laufen also gewisse Reaktionen in der Bohne. Wie weit diese fortgeschritten sind, hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie der Kaffee am Ende schmeckt. Dazu aber gleich noch Genaueres.
Um sich jetzt mit anderen besser über diesen Entwicklungsstand austauschen zu können, haben sich kluge Menschen die Röstgrade einfallen lassen. Hier wird anhand der Farbe der Bohne und Zeitpunkt des Endes vom Röstprozess versucht ein bisschen Vergleichbarkeit herzustellen. Warum ich hier „versucht“ schreibe, auch dazu gleich noch mehr.
Röstgarde im Kaffee, eine Einteilung
Ok, hier jetzt die gängige Einteilung der Röstgrade, mitsamt allen Ungenauigkeiten:
Name | Zeitpunkt der Entnahme | Farbe |
Light Cinnamon | Vor 1st Crack | Sehr helles braun |
Cinnamon | Vor oder beim 1st Crack | Hellbraun |
New England | Direkt nach 1st Crack | Hellbraun |
American | Leicht nach 1st Crack | Hellbraun |
City | weit nach 1st Crack | Mittelbraun |
Full City | Bevor 2nd Crack beginnt | Dunkles mittelbraun |
Wiener | Kurz vor 2nd Crack | Dunkelbraun |
French | Am Ende des 2nd Crack | Dunkelbraun (leicht glänzend) |
Italien | Etwas nach 2nd Crack | Kräftig dunkelbraun glänzend |
Neapolitan | Deutlich über 2nd Crack | Extrem dunkelbraun, ölig glänzend |
Beim Blick auf die Beschreibung, spätestens sobald du versuchst das Ganze nachzuvollziehen, sollte dir die Krux bei der Geschichte klar werden. Ohne eine direkte Referenz und/oder einen weiteren objektiv messbaren Faktor, ist der Informationsgehalt dieser Einteilung eher überschaubar. Daher werden die Röstgrade auch gern mit Endtemperaturen versehen, bei welchen der Röstvorgang abgeschlossen wurde.
Sehr interessant fand ich auch die Einblicke aus diesem Buch hier. Nicht mehr das aller neueste, aber mit gutem Input und Ideen wie man auch zuhause rösten kann. Außerdem immer wieder eine Empfehlung für jeden der sich mit dem Thema Kaffee beschäftigt, der Kaffee Atlas.
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Das Problem
Röstet man einen Kaffee „hell“, bleibt viel von seinen ursprünglichen Attributen erhalten. Dazu gehören eben auch Fruchtsäuren und alle feinen flüchtigen Aromen. Genau das ist das was ein Feinschmecker haben möchte. Er oder sie möchte die Eigenarten der Frucht, des Bodens, der Aufbereitung, der Herkunft, usw. schmecken und entdecken. Daher trifft man helle Röstungen auch besonders in Spezialitäten Kontexten.
Die Gefahr dabei, ist der Kaffee nicht angemessen entwickelt (generell oder einfach weil er von Natur aus mehr Röstung braucht), ist er ungenießbar.
Röstet man einen Kaffee „dunkel“, verbrennt man viele der feinen und komplexen Verbindungen und überdeckt viel mit Röstaromen. Man verändert die ursprünglichen Attribute stark. Das macht bei manchen Kaffees durchaus Sinn, entweder um Fehler zu überdecken, oder um sie für eine Zubereitung unter Druck besser zu balancieren.
Die Gefahr dabei, ist der Kaffee eigentlich gut und man röstet ihn zu dunkel, verbrennt man alles was ihn interessant macht. Außerdem können Röstaromen durchaus auch sehr intensiv und störend wirken, was viele dazu veranlasst viel Milch und Zucker hinzuzufügen.
Was ist ein Omni Roast?
Über den Prozess des Röstens hinweg bauen sich also Säuren ab, Bitterstoffe auf, Körper und Süße nehmen zu und irgendwann wieder ab. Ziel einer guten Röstung sollte es – in meinen Augen – immer sein den Sweetspot des jeweiligen Kaffees zu treffen. Damit meine ich den Punk an dem alles wunderbar miteinander harmoniert.
Wo genau das ist, hängt natürlich auch von der Zubereitung ab, wie wir in der letzten Folge „Die beste Art Kaffee zu kochen – Folge 47“ gelernt haben. Bei der Zubereitung unter Druck kommt vor allem Säure stärker zur Geltung, weshalb Espresso i.d.R. dunkler geröstet wird als Filterkaffee aus dem gleichen Rohkaffee. Genauso balanciert die Verbindung mit Milch den Kaffee neu. Vor allem sehr hell geröteter Kaffee geht als Milchmischgetränk oft etwas unter.
Da Geschmäcker aber unterschiedlich und die Kapazitäten vieler Röster begrenzt sind, wird oft ein Kaffee so geröstet, dass er „Sowohl-als-auch“ über alle Zubereiter hinweg genutzt werden kann. Das ist dann ein Omni Roast. Über Für und Wider lässt sich dabei trefflich streiten.
Zusammenfassung
Brauchst du als Endkonsument vertieftes Wissen zu den Röstgraden? Nein, aber es ist ungemein hilfreich die dahinter liegenden Mechanismen zu verstehen. Helle Kaffeebohnen sind meist fruchtiger, in aller Regel auch der bessere Rohkaffee, während dunkle Kaffeebohnen vor allem für Zubereitung unter Druck, sowie bei günstigerem Kaffee auftauchen. Sie sind meist bitterer, röstiger und öliger als ihre hellen Kollegen.
Merke: Weder helle noch dunkle Kaffeebohnen kann man grundsätzlich als besser oder schlechter bezeichnen. Es kommt wie immer ganz stark auf das wie und warum an.
Aber um das zu verstehen, liest du ja diesen Blog.
Danke dafür!
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