Die Reise des Kaffees, eine Geschichte aus der Wertschöpfungskette – Teil 1
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Die Wertschöpfungskette im Kaffee ist lang, komplex und dynamisch ohne Ende. Ein Grundverständnis, für all die Zusammenhänge, ist aber trotzdem wichtig, um die Kaffeewelt verstehen zu können. Nur wie stellt man das halbwegs akkurat, aber gleichzeitig nachvollziehbar und unterhaltsam dar?
Mir kam da eine Idee, aus der noch mehr Ideen entstehen könnten. Zeit für einen Versuch!
Mit dieser Folge startet daher eine eigene Reihe: „Die Reise des Kaffees“. In dieser Kategorie erzähle ich dir eine idealisierte und hypothetische Geschichte, in der wir die Wunderbohnen vom Kaffeeanbau bis zu dir in die Tasse verfolgen.
Das Ganze ist natürlich hier und da leicht überzeichnet und arbeitet mit Stereotypen, es ist ja auch Geschichte. Diese ist aber an den Gegebenheiten, Zusammenhängen und Erfahrungen aus der echten Welt angelehnt. Alles was ich dir hier zwischen den Zeilen über die Wertschöpfungskette erzähle, werden wir natürlich in künftigen Folgen auch noch genauer anschauen.
Wo kommen die Inspirationen her? Der Beitrag „Kaffee Ursprung, meine Reise nach Guatemala“ könnte dich auch interessieren.
Die Farm…
…befindet sich in einem abgelegenen Berg Tal, im hypothetischen Land Guate-Ricagua.
Die Region Mellintenango ist etwa 5 Autostunden von der Hauptstadt Ciudad de Guate-Ricagua entfernt. Mit einem Pickup schafft man es vom Highway aus in 1 Stunde Buckelpistenfahrt in ein ganz besonderes Tal, das Tal Agua Dulce.
Hier liegt die Farm Finca Bella Vista de Agua Dulce von José. Er betreibt die Farm nun in 4. Generation, was ihn sehr stolz macht! José ist mitte 30 und quasi auf dieser Finca aufgewachsen.
Kaffeeanbau wurde ihm in die Wiege gelegt. Schon als kleinen Jungen, hat ihn sein Vater immer in die Hänge mitgenommen und hat ihm alles mögliche beigebracht. Doch in den letzten Jahren verändert sich immer mehr. Das Geschäft ist ein ganz anderes geworden, vor allem sehr viel komplizierter.
Seiner Familie ging es nie schlecht. Sie waren nicht reich, aber kamen gut hin. Das ist auch heute noch so, braucht aber sehr viel mehr Arbeit.
José kümmert sich gerade um die 3 Monate alten Setzlinge. Bald ist der Tag, an dem er sie an ihren Standort auf der Farm bringen wird. Es ist eine neue Varietät, der er sich einen noch feineren Kaffee erhofft. In etwa vier Jahren, denn so lange dauert es, bis die Pflanzen richtig produktiv werden.
Sobald José damit fertig ist, macht er sich auf den Weg den Verlauf der aktuellen Ernte zu begutachten. Dieses Jahr hatten sie Glück mit dem Wetter und haben auch genug Arbeiter für die Ernte gefunden. Er kann nicht klagen.
Kaffeeanbau in den Hängen
Gemeinsam mit einem seiner Vorarbeiter fährt José in seinem, inzwischen in die Jahre gekommenen, Mitsubishi Pick-Up zum Anfang seiner Finca oben am Berg. Nach ein paar Minuten Schleichfahrt auf sehr engen Wegen, sind sie angekommen.
In den steilen Hängen wird bei angenehmen 28 Grad fleißig gepflückt. Gute Qualität ist ihm wichtig, also achtet er sehr darauf, dass seine Arbeiter sehr selektiv vorgehen.
José macht sich auf den Weg zurück zur Washing Station, diese liegt weiter unten im Tal. Auf dem Weg dahin, nimmt er hier und da eine Kaffee Kirsche und prüft den Reifegrad. Dabei entdeckt er immer wieder Pflanzen mit dem La Roya Pilz. Der ist eine echte Plage geworden. Ein echtes Gegenmittel gibt es leider nicht. Es betrübt José zu sehen, wie die Pflanzen daran zu Grunde gehen.
An der Aufbereitungsstation…
…angekommen begutachtet er den Fortschritt eines weiteren wichtigen Elements des Kaffeeanbaus. Es sind bereits einige Säcke Kaffeekirschen angekommen, welche nach und nach mit dem Wasser sortiert und gereinigt werden. Das muss schnell gehen hat José gelernt, er will ja keinen Kaffee mit Defekten verkaufen müssen. Die Ansprüche in der langen Wertschöpfungskette sind gestiegen in den letzten Jahren.
Ein paar Meter weiter laufen die Kirschen durch den alten Entpulper. Diesen hat seiner Zeit sein Großvater gekauft, aber er läuft immer noch und verrichtet fleißig seinen Dienst. Die Kirschen fallen oben hinein, laufen durch zwei Walzen, welche die Kerne vom Fruchfleisch trennen.
Die so anfallenden Fruchtreste kompostiert er, um damit seine Pflanzen günstig düngen zu können. Die Kerne sortiert ein Rüttelsieb noch mal nach ihrer Größe.
Anschließend rutschen die Bohnen in großen Fermentationsbecken, in denen sie, mit Wasser bedenkt, 18 Stunden gären werden.
Tank zwei wurde gestern angesetzt und ist schon fertig. Diese Bohnen laufen gerade durch die Ablasskanäle und werden nochmal mit Wasser gespült. Auf diesem Weg wird auch der Rest des Fruchtfleischs entfernt. Das Wasser sammelt José danach natürlich in einem Natursteinbecken, um es zu reinigen und wiederzuverwenden.
Weiter hinten auf dem Hof kümmert sich gerade Don Martin, ein verdienter Vorarbeiter, darum, dass die fertigen Bohnen korrekt auf dem Hof zum Trocknen ausgebracht werden. Die Männer verteilen sie mit Rechen auf dem riesigen Areal und versuchen dies möglichst gleichmäßig zu machen. Das ist eine schwere Arbeit, wie vieles im Kaffeeanbau.
Alle diese Schritte mit großer Sorgfalt erledigt werden, denn ein Fehler und der zu erzielende Preis für die Arbeit des gesamten Jahres sinkt dramatisch. Das kann man sich heute kaum noch erlauben.
Wie geht es weiter?
Am nächsten Morgen ist es soweit und der Besuch kommt. Nach einem Rundgang auf der Finca, sind Johanna und Mario begeistert von Josés diesjähriger Ernte. Sie bekommen ein paar Proben, um diese testen zu können.
Nur wenige Tage später kommt dann der erhoffte Anruf. Die Samples scheinen gut zu sein und seine Freunde sagen ihm die Abnahme der Hälfte seiner Ernte zu, sollte sie insgesamt diesen Standard halten. Das sind gute Nachrichten. José ruft gleich seinen Freund Xavier, ein Exporteuer, an und vereinbart mit ihm, wann die vereinbarte Menge abholen wird.
Danach geht es für José weiter mit der Suche nach Absatzwegen für den Rest seiner Ernte. Die guten Teile wird er wahrscheinlich an einen Großhändler verkaufen und mit den aussortierten Teilen wird er wohl wieder nicht darum herumkommen sie an die Sammelstation für einen Schleuderpreis zu verkaufen. Verkauft werden muss eben alles auf einer Farm.
An dieser Stelle verlassen wir José vorerst und wünschen ihm alles erdenklich Gute für die Zukunft.
In der nächsten Folge dieser Reihe verfolgen wir dann Xavier, den Exporteur, auf seinem Weg den Kaffee bereit zu machen für das Verschiffen nach Europa. Immer weiter in der Wertschöpfungskette vom Kaffeeanbau bis in deine Tasse.
Lass ihn dir schmecken!
P.S.: Die grafische Unterstützung kommt mal wieder vom genialen Mr. Cernycomix. Ein großartiger Mensch mit noch großartigeren Bildern.
Für mehr Informationen schau doch auch gern hier vorbei:
Mehr Infos zu ihm auch auf https://cernycomix.tumblr.com
Instagram: @mr.cernycomix , @cernacerny
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Clubhouse: @einfachmalkaffe (ja, mit einem „e“)
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One response
[…] du Teil 1, „Auf der Farm“, noch nicht gehört haben, klick doch direkt dort als erstes hinein. Damals haben wir José auf […]