Die Reise von heiß nach kalt
Kalter Kaffee schmeckt nicht, aber er macht schön. Zwei wohlbekannte Aussagen, die beide mit der Trinktemperatur von Kaffee zusammenhängen. Einem Faktor deines täglichen Kaffeegenusses, der meiner Erfahrung nach mit exorbitanten Wissenslücken in der Gesellschaft vertreten ist.
Denn jedem ist doch irgendwie bewusst, dass Kaffee mit unterschiedlichen Temperaturen auch seinen Geschmack verändert. Aber hast du dich mal gefragt, warum und ob du das vielleicht auch für noch mehr Genuss nutzen kannst? Wie heiss darf Kaffee sein für optimalen Genuss und gibt es die beste Trinktemperatur für schwarzen Kaffee?
Vorurteile gibt es jedenfalls jede Menge. Deshalb wollen wir uns heute mal eingehender mit ein paar wichtigen Fragen rund um die perfekte Trinktemperatur von Kaffee befassen.
Viel Spaß beim Lesen und Hören!
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Wie heiß soll Kaffee sein?
Vor allem erst mal nicht so heiß, dass man sich direkt die Zunge daran verbrüht. Obwohl ich das weiß, passiert es mir dennoch ständig, wenn ich es morgens kaum erwarten kann, dass die ersten wunderbar warmen Tropfen flüssigen Glücks meine Kehle herunterrinnen. Pathetisch? Ja, aber so fühlt es sich nun mal hin und wieder an, oder?…sei ehrlich…
Also sind wir uns einig, kälter als brühend heiß. Ein bisschen warten lohnt sich, oder?
Wie bei so Vielem wurde auch einiges zur richtigen Trinktemperatur von Kaffee ausprobiert und geforscht. Dabei ist vor allem eines klar herauszuheben, die Temperatur, mit der man Kaffee trinkt, hat erheblichen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und damit auf unseren Kaffeegenuss.
Die richtige Trinktemperatur für schwarzen Kaffee
Die eine beste Temperatur gibt es nicht, vielmehr ändert sich einfach der Charakter und die vordergründigen Attribute. Je nach dem, was dir besonders gut schmeckt darfst du also individuell auch für deine Bohnen, den perfekten Zustand selbst bestimmen. Was es gibt, ist aber einen Temperatur Bereich, in dem der Kaffee alle seine Aromen besonders ausgewogen präsentiert. Aber fangen wir oben an.
Heiß
Besonders viele Aromen kann man im sehr heißen Bereich, um ca. 82°C erkunden. Vom Trinken ist hier aber noch abzuraten. Was hier sehr gut funktioniert ist das Riechen an der Tasse. Auch das hat einen großen positiven Einfluss auf deinen Genuss. Mehr dazu, zeige ich dir beispielsweise in meinem Sensorik Kurs.
Alles oberhalb einer Trinktemperatur von 56°C betont vor allem die dunklen und bitteren Noten deiner Tasse Kaffee. Laut eines Versuchs findet man genau bei 56°C auch die höchste wahrgenommene Bitterkeit.
Lauwarm
Für Genießer wird es spannend ab 50°C abwärts. In diesem Trinktemperatur Bereich erhöht sich die wahrgenommene Süße, der Körper und man findet deutlich mehr fruchtige und florale Noten. Aber auch das ist nach Temperaturen unterschiedlich. Die höchste Süße findet man um 44°C, den Peak an floralen Noten zwischen 31 – 37°C. Gleichzeitig reduziert sich die Bitterkeit drastisch.
In diesem Bereich, so könnte man sagen, ist das Gleichgewicht deiner Tasse schwarzen Kaffees also am ausgewogensten.
Kalt
Je kälter Kaffee wird, desto prägnanter erkennbar wird die Säure. Verblassen die anderen Attribute, wird sie sogar irgendwann dominant. Alles unterhalb von 31°C führt also auch zu einem deutlichen Ausschlag in der Stärke der wahrgenommenen Säure. Dabei muss Säure nichts Schlechtes sein, sie transportiert oft die fruchtigen Aromen, nur werden die bei kaltem Kaffee oft wieder diffuser.
Was aber bei kaltem Kaffee sehr deutlich zum Vorschein kommt, sind die Fehler. Dazu aber weiter unten etwas mehr.
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Die Gründe für die unterschiedliche Wahrnehmung
Die Ursache dafür ist vor allem in der Art der Aromen zu suchen, bzw. wie wir diese detektieren. Denn so eine Tasse Kaffee duftet viel mehr, als das sie riecht. Das soll heißen, das meiste von dem, was wir da wahrnehmen, nehmen ist Geruch. Dieser kann entweder vorwärts in unsere Nase steigen – also dampfend aus der Tasse. Oder er schafft es rückwärts, durch unseren Schluck und Atemvorgang zu unseren Riechzellen.
Beide Wege begünstigen jeweils unterschiedliche Arten der Aromen Verbindungen. Klar ist, je heißer eine Tasse ist, desto mehr flüchtige Aromen verdampfen und landen somit – vorwärts – in der Nase. Kühlt die Tasse ab, hat die Zeit der etwas weniger flüchtigen Aromen geschlagen. Wir schlürfen, schlucken und schmecken alles, was da unseren Gaumen in Flüssiger Form hinunterläuft. Dabei finden wir naturgemäß eher die Verbindungen, die in der Flüssigkeit gebunden waren.
Natürlich passiert das nicht binär, sondern immer in einer Mischform. Was wir aber beobachten ist eben eine Verschiebung des Gleichgewichts.
Warum kalter Kaffee oft nicht schmeckt
Hier greifen wir wieder den Punkt mit den deutlich wahrnehmbareren Fehlern auf. Bei der Qualitätskontrolle wird Kaffee absichtlich auch aufmerksam in dieser Trinktemperatur verkostet. Denn besonders in kaltem Kaffee kann man nahezu jeden Fehler am genauesten Definieren.
Wenn ich nun also einen mäßig guten Kaffee kalt werden lasse, verschwinden die guten Attribute und all seine Mittelmäßigkeit sticht hervor. Woher der Fehler dabei kommt – Roh-Bohne, Röstung, Brühung – ist dabei unerheblich. Wenn dein kalter Kaffee also Opas Schuhsole schmeckt, erkennst du also wo noch Verbesserungsbedarf vorhanden ist.
Sollte man Kaffee warmhalten?
Lieber nicht. Durch das Warmhalten von Kaffee bleiben Abbauprozesse deutlich schneller, welche am Ende den Kaffee nur schlechter machen. Besonders die guten alten Warmhalteplatten von Kaffeemaschinen sind der Tod für jeden Genuss. Sie verkochen alles Gute, übrig bleibt Asche und Bitterkeit.
Etwas besser schneiden da Thermoskannen ab. Mit einer halbwegs guten Thermoskanne kannst du Kaffee ca. 30 – 45 Minuten, nahezu verlustfrei, warmhalten. Deutlich mehr zu diesem Thema findest du in Folge 56 „Warum ist Kaffee bitter?“ .
Cappuccino extra heiß – ein No-Go!
Wir haben hier bisher über die richtige Trinktemperatur für schwarzen Kaffee gesprochen. Der Renner in Cafés ist aber nach wie vor der Cappuccino. Gerade in der kalten Jahreszeit wird dieser auch gerne „extra heiß“ bestellt. Das ist ein absolutes No-Go für den Geschmack.
Durch die starke Erhitzung zerstört man die Milch, ihre Cremigkeit, Fülle und Süße. Kurzum, man zerstört das Produkt. Es ist ähnlich als würde man ein verkohltes Steak im Steakhouse bestellen – macht auch keiner.
Vor allem sind die Gründe dafür oft, dass sich der Gast gerne die Hände an der Tasse wärmen möchte, oder auch in 30 Minuten noch etwas wärme im Getränk haben will. Für beide Probleme gibt es bessere Lösungen, als das Produkt zu zerstören.
Warum macht kalter Kaffee schön?
Die Kurzfassung: Es ist eine Redewendung aus dem Barock. Einer Zeit, in welcher Kaffee der hohen Gesellschaft vorbehalten war, da er gerade erst seinen Siegeszug durch Europa angetreten hat. Mehr dazu findest du in Folge 5 „Die Kaffee Geschichte“ und Folge 14 „Die Entstehung der Kaffeehaus Kultur“.
Diese Damen und Herren trugen gerne die höfische Blässe, sowie tolle Perücken. Beides selbstverständlich mit Schminke besonders betont. Heißer Kaffee jedoch dampft nicht nur, was die Schminke verlaufen ließ, sondern regt auch noch den Kreislauf an, was die Wangen röten kann. Entsprechend trank man den Kaffee eher kalt. – So zumindest die Geschichte, die ich dazu kenne.
Fazit – wie heiss darf Kaffee sein?
Ich empfehle dir ihn frisch zu brühen, kurz zu warten und dann die Reise zu genießen. Gerade bei sehr hochwertigen Kaffees lohnt sich das gleich doppelt. Auch bei eher teeähnlichen Sorten, hat man im lauwarmen Zustand mit Sicherheit den meisten Spaß. Hast du gute Bohnen, lohnt es sich aber auch die kalte Tasse noch mal zu probieren.
Vielen Dank fürs Lesen, Teilen und Supporten!
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