Eine weiße Blume mit gelben Pollenstempel steht in einem Glas gefüllt mit Kaffee, auf hölzernem Untergrund. Ein Symbol für Bio Kaffee

Ein Beispiel für die Krux mit den Zertifikaten

„Naja, aber ich schau schon, dass ich zumindest Bio Kaffee kaufe“.

Das ist ganz wundervoll, aber hat es wirklich die Wirkung die du möchtest? Lohnt sich Bio Kaffee, bzw. sein Kauf? Dieser Frage widmen wir uns heute. Dabei geht es aber vorrangig weniger darum, genau zu klären, was denn das EU Bio Siegel für Kaffee besagt. Vielmehr unterhalten wir uns darüber, wo denn hier die Problemchen liegen, was vielleicht gut und was vielleicht schlecht ist an Handelszertifikaten für Nachhaltigkeit.

Dabei machen wir eine neue Serie oder einen Themenschwerpunkt auf. Nämlich den Kaffeehandel mit seinen Licht und Schattenseiten. Sofern das möglich ist, gibt es natürlich auch Tipps worauf du achten kannst für einen verantwortungsvollen Kaffeekauf.

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Warum stellt sich die Frage überhaupt?

Es ist doch nur Kaffee! Richtig, es geht um Kaffee. Einem der wichtigsten Handelsgüter der Welt. Damit du eine Vorstellung bekommst, was ich mit wichtig meine:

Etwa 25 Mio Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt mit Kaffee. Gerade in den produzierenden Ländern unterhält dieses Einkommen auch meist noch die Familien mit. Rechnet man diese mit ein, kommt man auch einen groben Wert von 125 Millionen Menschen, die direkt vom Kaffee(handel) abhängig sind.

Auch die Flächen sind überwältigend. Allein Brasilien betreibt auf 1.866.225 Hektar Kaffeeanbau. Das ist etwa die 7,3 fache Fläche des Saarlands.

Im Jahr 2019 wurden weltweit 51.018.000 Sack á 60 Kilogramm Rohkaffee exportiert. Das sind über 3 Millionen Tonnen Kaffee, der zu einem Großteil in steilen Hängen, bei hohen Temperaturen per Hand gepflückt wird.

Aber mit Kaffee wird auch abseits des eigentlichen Rohstoffs Geld verdient und damit meine ich nicht die Zubehör oder Ausrüstungsbranche, sondern die Börse. Neben dem eigentlichen Handel werden mit Kaffee auch über Termingeschäfte, Derivate, etc. Geld verdient.

Na dann läuft es doch für Kaffee, oder?

Nicht ganz, denn es fließen zwar insgesamt große Summen Geld, aber der eigentliche Börsenpreis für Kaffee ist schon lange viel zu niedrig. Dadurch das was beim Produzenten pro Arbeitsstunde ankommt, oft nicht gerade üppig. Dadurch steigt der Druck und damit natürlich auch der Zwang alles dafür zu tun, damit die Ernte gut wird.

Eine junge Kaffeepflanze der Art Arabica. In der Botanik ist das ein anderer Rang als die Varietät Robusta.

Deshalb setzten viele Farmer, riesige Pestizid Bomber ein, die alles außer den extra angezüchteten genmanipulierten Pflanzen zerstören. NICHT! Das eben beschriebene ist aber wohl in vielen Köpfen die Alternative für „nicht Bio Zertifiziert“.

In Wahrheit setzten viele Farmer tatsächlich nur sehr gezielt und meist nur wenn es nicht anders geht synthetische Dünger und Pestizide ein. Zum einen, da es weder den Pflanzen, noch dem Boden guttut und zum anderen, da diese Mittel schlicht weg Geld kosten.

Lass die Pflanzen doch einfach wachsen!

Das wäre toll, wenn das so einfach gehen würde. Aber die Kaffeepflanzen, die heute weltweit im Einsatz sind, sind seit Jahrhunderten kultivierte Pflanzen. Hinzu kommt noch, dass der absolute Großteil dieser Pflanzen von einer einzigen Varietät (und ihren Mutationen) abstammen. Der Genpool ist also denkbar eng.

Anders ausgedrückt. „Einfach wachsen lassen“ geht nur schwer, bis gar nicht. Vor allem geht es dann nicht, wenn von einem halbwegs berechenbaren Ernteerfolg der Lebensunterhalt mehrerer Familien abhängt.

Bekommt man für Bio Kaffee nicht mehr Geld?

Ein Supermarktregal mit gespickt voll mit Angebotspreisen. Die Schilder sind alle rot gelb leuchtend. Im Regal erkennt man verschiedene Packungen Kaffee, darunter wohl kein Bio Kaffee. Denn für 5,99 das Kilo Lohnt sich Bio Kaffee wohl nicht.

Jetzt möchte man anführen, dass der Farmer ja für den angebauten Bio Kaffee mehr Geld erhält. Das stimmt zwar, es kostet ihn aber auch gleichzeitig welches.

Nehmen wir mal an, dass dieser Aufpreis von Käufern nicht umgangen würde. Dann müsste der Farmer aber bereits vor der eigentlichen Zertifizierung, also bevor er den Bio Kaffee für den Mehrpreis verkaufen kann, eine lange Zeit nachweislich ohne synthetische Hilfe anbauen. Das kostet Geld.

Ist er dann soweit und lässt seinen Bio Kaffee als solchen Zertifizieren, dann zahlt der Produzent für diese Zertifizierung an sich ebenfalls Geld – etwa 3000 €.

Aber auch alle anderen in der Kette müssen ja zertifiziert sein. Exporteur, Logistik, Importeur, Röster, sogar das Café das den Bio Kaffee als solchen ausschenkt muss zertifiziert sein! Das kostet Geld.

Lohnt sich Bio Kaffee dann nicht?

Naja, das kommt darauf an.

Aus Sicht der Umwelt ist es natürlich erst mal gut, wenn nicht gespritzt wird. Allerdings sind viele dieser Farmen schon seit vielen Jahrzehnten bewirtschaftete Kaffeefarmen mit ihrem eigenen Ökosystem. Zudem kann es gut sein, dass durch den geringeren Ertrag pro Pflanze, eventuelle Pfufferflächen der Farmen (die es oft gibt), dann auch in bewirtschaftete Flächen verwandelt werden. Ergo eine Schwarz/weiß Sicht funktioniert hier nicht.

Aus Sicht des Produzenten das kommt schwer auf seine Größe an. Wenn es ein Zusatzgeschäft ist, dann kann sich der Anbau von Bio Kaffee lohnen. Allerdings braucht es dafür bereits vorher Ressourcen und Know How. Letzteres sowohl im Anbau, als auch im Vertrieb. Denn der Bio Kaffee nach dem EU Bio Siegel ist natürlich auch nur für den europäischen Markt interessant. Entsprechend müssen mit diesem Teil der Ernte, die alle zusätzlichen Kosten gedeckt werden.

Aus Sicht des Verkäufers (an den Konsumenten), nur selten. Denn natürlich öffnet das Bio Zertifikat einige Türen, aber der Anteil von Bio zertifiziertem Kaffee am europäischen Markt ist gering – übrigens geringer als die produzierte Menge. Qualitativ ist Bio Kaffee leider auch alles andere als ein Qualitätssiegel. Gleichzeitig muss der Verkauf des gerösteten Kaffees aber auch die höheren Kosten im Einkauf und in der Infrastruktur des Rösters tragen. Auch die Lagerräume müssen beispielsweise umgestaltet werden, so dass kein konventioneller Kaffee mit dem Bio Kaffee in Berührung kommt.

Aus Sicht des Konsumenten? Das dann schon eher, denn der Konsument bekommt wirklich etwas für seinen Bio Kaffee Kauf, nämlich ein gutes Gewissen. Menschen die Bio Kaffee kaufen, machen das meist um etwas Gutes zu tun. Das ist lobenswert und absolut mein Kredo. „Kauf guten Kaffee, damit hilfst du vielen Menschen auf der Welt“. Aber in meiner Erfahrung gibt es dafür geeignetere Wege.

Eignet sich das Zertifikat?

Besonders in Hinblick darauf, ob der Bio Kaffee, bzw. der als Bio zertifizierte Kaffee, den Impact hat, den du möchtest, ist die Sache schwierig. Versteh mich nicht falsch. Ich finde es gut, wenn wir auf die Natur achten. Doch ob das EU Bio Siegel der richtige Weg ist, solltest du prüfen.

Die geschätzten Kollegen der Kaffeemacher und die liebe Jules von Jules Coffee Blog. Haben jeweils sehr gute Artikel zu dem Thema verfasst. Schau doch da gern auch mal rein. Solltest Du auf noch mehr Zahlen stehen, dann schau auch gern in den Kaffeereport, dort habe ich die meisten meiner Zahlen rund um Kaffee her.

Zusammengefasst

Auf die Frage „Lohnt sich Bio Kaffee“ kann es keine einfache Antwort geben, dafür ist der Kaffeemarkt viel zu heterogen. Das habe ich in der Podcastfolge schon beleuchtet, werde aber auch noch viele weitere Folgen zum Kaffeehandel, bzw. seinen Licht und Schattenseiten machen.

Betont werden muss, dass es ganz großartige Projekte und Initiativen gibt, die wirklich einen Unterschied machen in diesem Zusammenhang. Genauso kümmert sich ein großer Teil der Farmer darum, dauerhaft gute Qualität zu liefern. Damit einher geht auch, dass sie oft verantwortungsvoll mit ihren Pflanzen umgehen und um den für Mensch und Natur verantwortungsvollen Umgang geht es doch schlussendlich.

Augen auf beim Kaffee Kauf.

Danke fürs Lesen.

Lust auf einfach guten Kaffee?

Eine Kaffeetüte aus braunem Papier, bedruckt mit einem einfach mal Kaffee Stempel liegt auf einem dunklen Holztisch. Wir sehen die Szene von oben. Hierbei handelt es sich offensichtlich um einen Filterkaffee Blend.
einfach mal Kaffee Filterkaffee Blend

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