Filterkaffeeausrüstung bereit zum Brühen auf einem Tisch.

Mehr als nur grob oder fein gemahlen

Der Mahlgrad, ein immer wiederkehrendes Thema. Ja, dazu gab es schon mal eine recht ähnliche Folge, nämlich Folge 30 „Was bewirkt der Mahlgrad bei Kaffee?“. Heute gibt es eine Fortsetzung dieser Episode, solltest du diese also noch nicht gehört haben, dann schalte diesse zuerst an.

Heute gehen wir ein wenig tiefer in die Windungen und schauen uns an, wie denn der Mahlgrad genau Einfluss nimmt auf die Extraktion von Kaffee. Was sind Fines, welche Rolle spielen die Gase beim Brühen von Kaffee und warum sollte der Mahlgrad gleichmäßig ungleichmäßig sein?

Das ist also Folge 2 von mindestens 3 oder 4 zur Extraktion von Kaffee. Übrigens ist es dabei egal, ob du gerne Filterkaffee oder Espresso trinkst, denn gemahlen werden muss er in beiden Fällen.

Viel Spaß beim Lesen!

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Extraktion von Kaffee

Wenn wir „Kaffeekochen“ extrahieren wir allerlei verschiedene Aromastoffe. Das ist das Ziel der gesamten Übung. Wir schütten heißes Wasser oben auf ein trockenes, gut riechendes, Pulver und wollen alles was dabei lecker sein könnte im Wasser einfangen.

Wie wir beide wissen, löst sich in diesem Vorgang die Bohne natürlich nicht komplett auf, sondern gibt nur einen Teil ihrer Inhaltstoffe ans Wasser ab. Insgesamt ca. 30% dieser Inhaltsstoffe wären theoretisch auch extrahierbar. Der resultierende Trank wäre allerdings äußerst ungenießbar.

Dieser Vorgang ist streng genommen eine chemische Reaktion – wie vieles in unserem Leben – und damit natürlich auch messbar. Dank sehr fokussierter Menschen, die sich die Arbeit gemacht und begonnen haben das alles mal zu analysieren, wissen wir unser Ziel ist es 18 – 22% der Inhaltsstoffe zu lösen. Das schmeckt dem Durchschnittsmenschen, weltweit.

Deutlich tiefer in die Extraktionstheorie geht es unter anderem mit dem neuen Brewing Chart, der SCA. Wenn dich das interessiert, schau gern dort mal vorbei.

Gleichmäßigkeit

Damit es aber auch wirklich schmeckt wollen wir natürlich diese 18 – 22% auch gleichmäßig lösen, denn Gleichmäßigkeit ist der Schlüssel zu einer runden und leckeren Tasse Kaffee. Dazu habe ich auch schon mal eine Episode gemacht, nämlich „Folge 28 – Gleichmäßigkeit in der Kaffeezubereitung“.

frisch gemahlener Kaffee in einem Commandate Grinder.

In Bezug auf den Mahlgrad von Kaffee geht es bei der Gleichmäßigkeit gleich um viele entscheidende Fragen. Genauer gesagt geht es um gleichmäßig große Kaffee Partikel. Sind diese alle in einer ähnlichen Größe vorhanden, fließt das Wasser gleichmäßiger, wird die Extraktion planbarer, bekommen wir eine balanciertere Tasse.

Auf der einen Seite kann man es mit dem Braten von Gemüse vergleichen. Hat man hier ganz große und ganz kleine in einer Pfanne, sind die kleinen schon verbrannt, während die großen noch lange nicht gar sind.

Teilchengrößen

Der Mahlgrad für einen Hario V60 Filterkaffee in einem solchen Filter.

An dieser Stelle ist wichtig zu verstehen, dass beim Mahlen von Kaffee die Bohnen nicht alle in exakt gleich große Stücke zerspringen. Ganz im Gegenteil, die Bandbreite ist sogar relativ groß. Abhängig ist das unter anderem, von der Qualität deiner Mühle, der Drehgeschwindigkeit des Mahlwerks und der Porosität der verwendeten Bohnen. Beim Mahlen von Kaffee entsteht so ein Gemisch aus extrem feinen bis deutlich gröberen Partikeln. Gemeinsam, oder besser im Mittel, ist das der Mahlgrad.

Wie breitgefächert das Mahlergebnis ist, kann man beispielsweise mit Sieben ermitteln. Die gibt es in relativ einfach, aber auch in sehr hochwertig. In der Affiliate Sektion habe ich dir mal ein einfaches dieser Siebe verlinkt. Mit diesem kannst du auch mal einen Versuch machen, wie ein Kaffee schmecken würde, wenn er ausschließlich aus gleich großen Partikel gemacht wäre. Glaub mir, das Ergebnis ist überraschend.

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Jamming

Besonders die ganz kleinen Teilchen haben es in sich. Die sogenannten „Fines“ werden relativ leicht vom Wasser mitgerissen und bleiben gern mal in den Zwischenräumen von größeren Partikeln oder auch in den Poren vom Filter stecken. Das kann dann unter anderem zu „Jamming“, also einem Verstopfen, führen.

Bei Filterkaffee bleibt dann das Wasser auf dem Kaffeebett stehen, oder nimmt Wege, welche es nicht nehmen sollte – zumindest in einer Extremform. Bei Espresso können Fines auch Ursache für Channeling sein. (Was Channeling ist, dazu kommen wir in einer eigenen Folge).

Aber Fines haben nicht nur schlechte Seiten. Sie sind auch verantwortlich für das wunderschöne Muster in der Crema. Daher hatten sie auch schon einige Gastauftritte. Zum Beispiel in „Folge 59 – Crema auf dem Kaffee“. Außerdem geben sie dem Kaffee auch etwas mehr Fülle, was ich persönlich durchaus schätze.

Gase

Beim Rösten von Kaffee entstehen Gase in der Bohne. Sie blähen die Bohne u.a. so stark auf, dass sie im Röstvorgang „cracked“, was als Knistern deutlich zu hören ist. Dabei bekommt die Bohne natürlich allerlei Risse. Genau genommen sieht sie nach dem Rösten unterm Elektronenmikroskop aus wie ein Bimsstein oder ein Schweizer Käse. Das Gas ist in der Bohne teilweise gefangen.

Durch das Mahlen brechen wir diese Strukturen jetzt auf, wodurch natürlich das Gas machen kann, was Gase so machen – entweichen. Geben wir jetzt Wasser auf diese ganze Geschichte, bildet sich Sprudelwasser, bzw. eben Gasblasen an den Partikeln. Das sorgt natürlich für eine Umsortierung, aber auch das Wasser fließt natürlich anders an den Partikeln entlang.

Je feiner ich mahle, desto weiter breche ich natürlich diese ganzen Strukturen auf und desto mehr Gas kann gleichzeitig den Weg in die Freiheit suchen. Ein fein gemahlener Kaffee „blubert“ also mehr als der gleiche Kaffee grob gemahlen.

Über die Physik hinter dem Brühen von Filterkaffee gibt es im sehr interessanten Blog von Jonathan Gagné einiges zu erfahren. Wenn dich das interessiert, schau auch gerne mal bei Coffee ad Astra rein.

Zusammengefasst

Die Frage, ob man Kaffee grob oder fein mahlen sollte, kann man pauschal nicht beantworten. Das hängt von viel zu vielen Faktoren ab. Einige Punkte wie der Mahlgrad wirkt hast du heute kennengelernt und diese Zählen sowohl für den Mahlgrad für Filterkaffee als auch das Mahlen von Espresso.

Der Kaffeemahlgrad ist vor allem ein multifunktionales Steuerungselement für deine Kaffeeextraktion. Meine Erfahrung damit ist, man sollte viel damit experimentieren und bewusst immer nur einen Faktor ändern. So gewinnst du schnell einen tiefen Einblick in die Vielfältigen Bereiche, wie du mit dem Mahlgrad deinen Kaffee noch leckerer machen kannst.

Danke für´s Lesen, Teilen und Supporten.  

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2 Responses

  1. Hallo Horst, vielen Dank für Deinen tollen Podcast, den ich Folge für Folge gerne höre. Eine Frage habe ich zu den feinsten Partikeln: Meinst Du sie können der Grund dafür sein, dass meine 2. Extraktion mit der Siebträgermaschine trotz vermeintlich exakt gleichen Bedingungen häufig schlechter / deutlich langsamer durchläuft als die erste? Mache ich meinen Siebträger zwischendurch nicht sauber genug? Vielen Dank für Deine Gedanken! Viele Grüße und ich freue mich auf die nächsten Folgen.

    • Hallo Christoph, freut mich sehr, dass dir meine Arbeit gefällt und ich dich begleiten kann.

      Was du beschreibst kann verschiedene Ursachen haben, u.a. auch Feinpartikel. Sehr viel wahrscheinlicher sind aber andere Ursachen. Zum Beispiel, dass du noch alten Kaffee im Totraum deiner Mühle hast und diesen eben beim ersten Shot mit im Siebträger hast. Beim zweiten Shot ist dann frischer Kaffee um das Mahlwerk und damit läuft die gesamte Extraktion anders.
      Ein zweiter Gedanke ist, dass eventuell deine Maschine ein paar Minuten braucht um den nötigen Druck wieder aufzubauen.

      Zu Mühlen und Mahlwerken kommt sehr zeitnah eine Folge, da erkläre ich dann auch ein bisschen was zum Totraum. Bis dahin probier doch mal, ob es reicht, wenn du vor dem ersten Bezug ca. 3 – 4g Kaffee mahlst und in den Ausschlag gibst und erst dann deinen Kaffee für den Shot mahlst.

      Wenn nicht kannst du auch gerne 15 Minuten kostenlose einfach mal Kaffeezeit (online) mit mir buchen, vielleicht finden wir dann den Fehler. Den Link findest du unter „ich will ein Vorgespräch“, z.B. bei meinem „einfach mal besseren Espresso machen“ Kurs.

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